Eine befreundete Autorin warf in einer Diskussion, warum Buchreihen oft enden, wenn der Leser noch gar nicht bereit dafür ist, einmal ein, das man Geschichten auch tot schreiben könne. Genau dies ist hier passiert. Ich gehöre zu den Lesern, die Shades of Grey bis auf die bekannten nervigen Dinge, wie ihre innere Göttin, gemocht haben. Für mich standen die Bücher für ein modernes Pretty Woman. Welches Mädchen, welche Frau hat nicht davon geträumt, ihrem Mr. Right über den Weg zu laufen? Denn eines hatten Ana und Christian – eine starke, tiefgehende Liebe. Sicher realitätsfern. Aber wie auch andere Bücher darf es sich in dieser Liebesgeschichte um reine Fiktion handeln. Man hat die Bücher leicht weggelesen. Perfekt, wenn man schnell etwas einfach gestricktes lesen wollte.
Christian Grey ist Unternehmer. SEO eines milliardenschweren Imperiums. Von ihm werden Entscheidungen verlangt und erwartet, die oft das Leben hunderter Menschen verändern und das Leben seiner Mitarbeiter sichern. In seinem Job ist er gut, richtig gut. In seinem Privatleben von dem einen oder anderen größeren Problem gebeutelt. Es fällt ihm schwer, Nähe zuzulassen und er kontrolliert gern. Alles und jedes was Ana tut analysiert er, hinterfragt er.
Das in Grey nichts Neues passieren wird, ist mir klar gewesen. Wie auch, handelt es sich doch um dieselbe Story. Ich habe erwartet, die Geschichte zwischen Ana und Christian aus seiner Sicht zu lesen. Da er psychisch ziemliche Probleme hat, wäre es sogar sehr interessant geworden, seine Beweggründe für manche Sachen erklärt zu bekommen. Was dem Leser allerdings geboten wird ist ein Christian Grey, dem man oft absprechen möchte, älter als 10 Jahre zu sein. Neben der uns schon bekannten Geschichte aus Band 1 Geheimes Verlangen werden die Gedanken von Christian in kursiv eingefügt. Und genau das ist es, was das gesamte Buch kaputt macht. Diese Gedanken entsprechen so gar nicht dem Bild, welches ich mir aus der Trilogie mitgenommen hatte, welches mit vermittelt wurde. Diese Gedanken sind manchmal sehr anstrengend. Er denkt in einem fort im Dirty Talk über Ana nach. Das ist respektlos und unreif. Die bekannte kaputte Gefühlswelt und die Kontrollsucht werden in Grey wie die eines unreifen Jungen dargestellt. Denkt er über sich selbst nach, ist es eine reine Selbstzerfleischung. Christian Grey ist aber kein unreifer kleiner Junge. Er ist ein junger Mann, der durchaus weiß was er will, sich etwas aufgebaut hat. Unbestritten kann man über seine sexuellen Vorlieben streiten.
An manchen Stellen hatte ich das Gefühl, das die Geschichte 1:1 aus dem ersten Band kopiert wurde und man sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, sie umzuformulieren. Dann gab es Stellen, die ich etwas anders oder gar nicht in Erinnerung hatte.
Ohne die in kursiv verfassten Gedanken von Christian und mit etwas besseren Übergängen der Copy / Past Stellen zu seiner Geschichte könnte man das Buch sogar mögen.
Kurz vor Schluss, wo Ana ihn das erste Mal verlässt, da entwickelt sich eine richtig schöne Story. Christian Greys Gedanken sind glaubhaft, er leidet wirklich. Man nimmt ihm seine Überlegungen auch ab. Ich gebe zu, mit ihm mitgelitten zu haben. Schade, dass es der Autorin nicht gelungen ist, die gesamte Christian – Story so zu schreiben.
Anmerkung: Bei 5 Übersetzern, einem Lektorat und einem Korrektorat immer noch Rechtschreib- und Logikfehler im Buch zu haben ist schon hart. Und wo ich gerade beim Preis bin – warum ist das Buch 2 € teurer, als die anderen Shades of Grey Bücher?
Erschienen bei Goldmann.
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